Erinnerungsorte 1992-2012

Erste Versuche der Schaffung eines dauerhaften Erinnerungsortes gab es bereits wenige Wochen nach dem rassistischen Pogrom.

Die „Söhne und Töchter der deportierten Juden aus Frankreich“ brachten am 19. Oktober 1992 eine Gedenktafel am Rathaus an. Sie solidarisierten sich mit den angegriffenen Roma, denen aufgrund des deutsch-rumänischen „Rücknahmeabkommens“ die Abschiebung drohte.

Germany, don‘t forget history“ und „Damals vergast, heute abgeschoben“ stand auf Transparenten, die Kundgebungsteilnehmer*innen aus dem Rathaus hingen, nachdem sie in die Fraktionsräume der CDU eingedrungen waren.

Die Stadt ließ die Gedenktafel kurz darauf entfernen. Zum 20. Jahrestag der Pogrome 2012 wurde auf Initiative der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschisten“ eine Nachbildung der Tafel am Rathaus angebracht. Drei Monate später entwendeten Neonazis die Gedenktafel und hinterließen die Parole „Für immer Deutschland“. Im Dezember 2012 wurde die Gedenktafel wieder eingeweiht.

Bis 2012 gingen Aktivitäten zur Erinnerung und Auseinandersetzung mit den Ereignissen in Rostock-Lichtenhagen vor allem von zivilgesellschaftlichen Initiativen, und aus dem Kultur-, Medien- und Wissenschaftsbereich hervor. Mit Kultur- und Bildungsprojekten, öffentlichen Veranstaltungsreihen, Spielfilmen, Ausstellungen, Kundgebungen und Publikationen wurde versucht die Erinnerung wach zu halten und eine Beschäftigung mit dem Pogrom und dessen Folgen bis in die Gegenwart zu ermöglichen. 

Die abgesägte Eiche

Die konfliktreichen Perspektiven auf die Frage, wie ein angemessenes Gedenken aussehen könnte, zeigten sich zum 20. Jahrestag der Ereignisse 2012. Während die Stadt Rostock unter dem Motto „Lichtenhagen bewegt sich“ eine Großkundgebung vor dem Sonnenblumenhaus veranstaltete, bei der auch der damalige Bundespräsident Joachim Gauck eine Rede hielt, demonstrierten zeitgleich mehr als 6.500 Menschen unter dem Motto „Das Problem heißt Rassismus – Grenzenlose Solidarität“ durch Rostock. Eine von der Stadt Rostock als Erinnerungszeichen gepflanzte „Friedenseiche“ vor dem Sonnenblumenhaus wurde wenige Tage nach der Gedenkveranstaltung von linken Aktivist*innen abgesägt. Die Eiche als „Symbol für Deutschtümelei und Militarismus“ könne kein würdiges Erinnerungszeichen für das rassistische Pogrom sein, hieß es in ihrer Erklärung.