Nachdem im vergangenen Jahr zu den 27. Gedenktagen an das Pogrom Rostock-Lichtenhagen 1992 mit Jugendlichen eine Studiosendung produziert wurde, stand auch im August 2020 zu den 28. Gedenktagen die Arbeit mit Medien im Fokus der Aktivitäten des Dokumentationszentrums „Lichtenhagen im Gedächtnis“.
Ausgangspunkt des Projektes, in dessen Rahmen zwei Kurzfilme entstanden sind, war die Kooperation mit dem Medienkollektiv SPECTACLE zu dem auch Mark Saunders – eine*r der Produzent*innen des Dokumentarfilms „The Truth lies in Rostock“ – gehört.
Zwischen Freitag, 21.08.2020 und Sonntag, 23.08.2020 haben sich 17 Personen (Teamer*innen & Teilnehmer*innen) intensiv mit Fragen der Rolle von filmischen Dokumentationen im zivilgesellschaftlichen Engagement, den Ereignissen der rassistischen Gewalt 1992 und den Gegenprotesten, als auch mit Medienarbeit auseinandergesetzt und diese praktisch geübt und umgesetzt.
Der Workshop war als Hybrid-Veranstaltung konzipiert, sodass auch die Teamer*innen von SPECTACLE (eine Person in Rom, eine in London) den Workshop mit durchführen konnten und somit auch zu Zeiten von pandemiebedingten Reisebeschränkungen eine internationale Kooperation möglich war.
Der Freitag widmete sich zunächst dem Kennenlernen und dem zeithistorischen Kontext, sowie organisatorischen Fragen und der Theorie und Praxis von videodokumentierter Interviewführung und dem praktischen Üben von Interviewausgestaltung.
Anschließend wurde über zwei Tage sehr praktisch in zwei Kleingruppen gearbeitet.
Eine Gruppe widmete sich der Arbeit mit unveröffentlichten Archivmaterial aus dem Jahr 1992. Eine zweite Gruppe plante, übte und realisierte die Dokumentation der Fahrraddemonstration „LICHTENHAGEN GEDENKEN“, die am 22.08.2020 im Rahmen der 28. Gedenktage veranstaltet wurde.
In der Arbeit mit dem Archivmaterial konnten die Teilnehmer*innen auf Aufnahmen zurückgreifen, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden und die SPECTACLE exklusiv für den Workshop zur Verfügung stellte. Der Schwerpunkt des ausgewählten Archivmaterials lag auf Videoaufnahmen, die die Großdemonstration „Stoppt die Pogrome! Solidarität mit Flüchtlingen!“ (29.08.1992) dokumentieren.
Nachdem sich die Teilnehmer*innen der Archivgruppe in einem Schnittkurs mit den Grundlagen der digitalen Videoschnittarbeit beschäftigt hatten, wurde im Anschluss in einem kollaborativen Prozess das Archivmaterial gesichtet, diskutiert und in gemeinschaftlicher Abstimmung nach und nach eine gemeinsame Dokumentation aus dem umfassenden Videoaufnahmen zusammengesetzt.
Es ist eine über 10 Minuten lange Dokumentation mit Aufnahmen aus dem Jahr 1992 entstanden. Der Kurzfilm dokumentiert erstmalig umfassend die Gegendemonstration, zu der über 20.000 Menschen am 29.08.1992 nach Rostock kamen. Er leistet so einen interessanten Beitrag zur Erinnerung an die Gegenproteste im Kontext des Pogroms.
Die Workshopgruppe, die sich der Dokumentation der Fahrraddemo widmete, machte sich zunächst am Samstagvormittag mit Filmtechnik und Kameratechnik vertraut und plante die praktische Umsetzung der Dokumentation und Filmarbeiten während der Veranstaltung.
Mit Kameras und Fahrrädern ging es in Kleinteams den Nachmittag lang entlang an den sechs dezentralen Denkmälern „Gestern Heute Morgen“ quer durch die Stadt Rostock. Es wurden viele Filmaufnahmen produziert, Interviews geführt und versucht, nach bester Möglichkeit die sehr dynamische Demonstration dokumentarisch zu begleiten.
Am Sonntag wurde das Videomaterial des Vortags gemeinsam gesichtet, inhaltliche und dramaturgische Schwerpunkte gesetzt und zu einem ersten Rohschnitt zusammengefügt.
Sowohl der Film auf Basis des Archivmaterial auch der Film zur Dokumentation der Fahrraddemonstration konnten im Rahmen des Workshops nicht in Gänze fertiggestellt werden.
Dem Engagement und der Motivation der Teilnehmer*innen ist es zu verdanken, dass die Filme im Nachgang dennoch finalisiert werden konnten.
Die Teilnehmer*innen haben sich teilweise in Kleingruppen im Nachhinein getroffen und die Filme beendet und somit sehr sehenswerte Beiträge geschaffen und praktisch gezeigt, wie man sich durch filmische Aktivitäten zivilgesellschaftlichen einbringen kann.